Sonntag, 11. Juni 2017

Welche Haltungsform ist die beste für mein Pferd?

Eine neue Freundin?
Je mehr ich über Pferde lerne, desto kritischer werde ich. Wissen verändert. Auch ich kann mich dem nicht verwehren.

Als ich Madeira kennen lernte, war sie gerade nach sieben Jahren Weidehaltung in einen Stall mit Box und täglichem Weidegang umgezogen. Sie hatte große Probleme, sich dort einzuleben. Ihr fehlten nicht nur ihre Bezugspersonen und ihre Herde, sie konnte auch die Box - das Eingesperrtsein - nur schwer ertragen. Madeira hat während der ersten Wochen stark gewebt und war sehr unausgeglichen. Irgendwann wurde es besser. Aber richtig entspannt hatte sie sich dann erst auf dem Forstgut Rehrhof. Sie wurde liebevoll betreut, hatte eine wirklich große Box, die täglich komplett gemistet wurde. Auch Pferde mögen es sauber. Im Übrigen ist die Matratzenstreu nicht nur schlecht für die Hufe, weil die permant in einer Ammoniaklauge stehen. Sie ist einfach zu weich, um dem Pferd physiologisch gut zu tun.

Bei meiner weiteren Stallsuche schied somit das Modell Box-Weide/Paddock aus. Ich konzentrierte mich jetzt auf Offenställe. Die gibt es aber in allerlei Spielarten:

Sommerweide

Endlich in der neuen Herde
Die Pferde stehen von Mai bis Oktober auf einer Weide. Sie können sich dort frei bewegen, haben Wasser und frisches Grün. Selten haben sie aber die Möglichkeit, sich unterzustellen. Auf manchen Weiden stehen große, alte Bäume, die Schutz bieten, aber meist steht die Herde in der Gegend herum. Auf einem Hof fragte ich nach einer Unterstellmöglichkeit bei starker Sonne oder Unwetter. Da wurde mir gesagt, dass sie so etwas tatsächlich mal hatten, aber die dominanten Pferde hätten den Rest der Herde am Unterstellen gehindert, so dass die Hütte wieder abgebaut wurde. Offensichtlich ist hier niemand auf die Idee gekommen, eine zweite oder dritte Unterstellmöglichkeit anzubieten. 

Manchmal frage ich mich wirklich, ob wir Menschen vernunftbegabte Wesen sein.

Aktivstall

Der Aktivstall schien mir die nächstmögliche Alternative. Die Pferde haben freien Zugang zu allen möglichen Plätzen, erhalten ihr Futter elektronisch gesteuert. Aber: Pferde sind nicht doof. Auf dem Rehrhof hatte Madeira auch schnell begriffen, dass das 12-Uhr-Läuten Abmarsch in Richtung Stall und Heu bedeutete. Und die Pferde im Aktivstall lernen auch schnell, dass es das Futter an einer betimmten Stelle gibt und warten dann dort so lange, bis der Chip wieder aktiviert ist. Wozu lange wandern, wenn man nur die Zeit totschlagen muss?


Paddock-Trail

Vor zwei Wochen ist Madeira zur Herde der Stute meines Mannes umgezogen. Hänger kam nicht in Frage, weil sie immer noch nicht ganz alleine hinein ging. So entscheid ich mich, die knapp 20 km als Wanderreiterin zu überwinden. Das lief ganz ausgezeichnet. Auf dem Weg konnte ich beobachten, wie Pferde wandern. Während ich neben Madeira herlief, nahm sie hier und da ein oder zwei maulvoll Grünes und ging dann weiter. Sie kaute im Gehen. Sowie ich auf ihrem Rücken war, graste sie nicht mehr. Sie kann das offensichtlich klar differenzieren. Pferde grasen auch in der freien Wildbahn während des Wanderns. An besonders leckeren Stellen verweilt die Herde etwas länger, bevor es weiter geht. Nach diesem Prinzip ist ein Paddock-Trail konzipiert. Die Pferde laufen auf einem endlosen Pfad, an dem sie an verschiedenen Stationen ihre Bedürfnisse befriedigen können. Futterstation, Sandbad, Wasserstellen und Unterstellmöglichkeiten wechseln sich ab. Die Futterstationen sind mobil, so dass man auch hier Variable hat. So können die Pferde gar nicht erst solche Marotten, wie oben beim Aktivstall beschrieben, bilden können.


Fazit: In unserem dicht besiedelten Land ist nach meinem jetzigen Kenntnisstand der Paddock-Trail allen anderen Haltungsformen vorzuziehen. Die Suche geht weiter.


Madeira ist im Offenstall angekommen und scheint wirklich glücklich zu sein. Schau selbst ...





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