Samstag, 12. März 2016

Wohlfühlprogramm vs. Pflastermüdigkeit

In der letzten Woche war ich täglich auf den harten Wegen Hamburgs unterwegs. Was für ein Unterschied zu den weichen Waldwegen, die ich bislang in meiner Barfußkarriere gegangen bin. Obwohl es nicht so kalt war, wie in den Tagen, als ich mit dem Barfußgehen startete, hatte ich das Gefühl, meine Fußsohlen verabschieden sich von mit, speziell die Ballen. Genau an den Stellen, an denen ich früher, als ich noch im Tae Kwon Do aktiv war, dicke Hornplatten hatte, sind die Ballen gereizt. Ich vermute die Ursache in der Reibung zwischen der Fußsohle und dem Sohlenleder meiner Ballerinas. Demnach sollte sich das Problem bei wärmeren Temperaturen erledigen, da ich dann keinen Kälteschutz mehr benötige. 

Obwohl meine Fußmuskeln sich in den ersten Wochen gut entwickelt hatten, war das harte Straßenpflaster anstrengend. Pflastermüdigkeit entsteht also nicht nur, wenn man in Schuhen auf den künstlich angelegten Wegen unterwegs ist. Ich war abends sehr müde. Meine Füße schmerzten. Aber es schmerzten die Muskeln und nicht wie früher die Knochen. Das lässt ja schon mal hoffen. ;-) Was also tun? Ich bin froh, dass es die Barfuß Community gibt. Da habe ich hilfreiche Tipps und Anregungen bekommen, meinen Füßen zu helfen. Die vordringlichste Frage ist für mich, wie ich mit dem Straßenpflaster umgehe. Ich habe mir also ein kleines Wohlfühlprogramm ausgedacht: warmes Fußbad, lockernde Massage, einfach nur baumeln lassen.

Baumeln lassen! Das geht sehr gut auf dem Pferd. Nach meinen beklemmenden Erfahrungen mit den Boots habe ich mich entschlossen, mit meinen Barfuß-Ballerinas in den Stall zu gehen. Gepaart mit Baumwollsöckchen kann ich damit recht lange im kalten Matsch stehen. Ich fühle mich mit meiner Entscheidung sehr wohl. Natürlich gab's auch schon über verschiedene Kanäle Kritik. So'n Pferd ist ja nicht gerade ein Fliegengewicht. Aber wer bin ich, anderen Menschen Anweisungen zu geben? Jeder ist für sich selbst verantwortlich und muss deshalb auch selbst entscheiden, welche Risiken er eingeht. Ich fühle mich mit meiner Entscheidung sehr wohl. Ich fühle mich Madeira noch stärker verbunden, wenn ich auch barfuß bin. Das wird ganz deutlich in den Fortschritten, die wir beide machen. Die basieren schließlich auf Vertrauen.

So flog mich denn gestern der Gedanke an auszureiten, und zwar ohne Sattel, barfuß und selbstverständlich ohne Trense. Kennst du das? Ohne Zusammenhang schießt dir eine Idee in den Kopf und du bist ganz sicher, dass dafür genau der richtige Zeitpunkt ist? So war es gestern bei mir. Ich bin also erst auf den Reitplatz gegangen, auf dem wir uns beide gelockert haben. Es macht mir immer großen Spaß zu sehen, wie Madeira auf meine Gesten reagiert und was sie mir so anbietet. Manchmal breche ich in schallendes Gelächter aus, weil sie mich dann an unseren Hund erinnert. Ich denke, dass die Indianer Pferde nicht ohne Grund "große Hunde" nennen. 

Bei unglaublichen drei Grad Plus und nahezu Windstille legte ich Madeira ihr peruanische Bosal an und schwang mich - dank meiner täglichen kleinen Yogaeinheit - ganz locker auf ihren Rücken. Es ist ein schönes Gefühl, sanft auf dem Pferderücken zu landen und nicht zu plumpsen. Da weiß ich, wofür ich meinen Körper trainiere, und mein Pferd findet es irgendwie auch besser, denn es bleibt stehen, bis der Auftrag zum Losreiten kommt. Wir sind eine kleine Feierabendrunde gegangen. Madeira ist auch niemals stürmich losgetrabt, sondern immer schön gesetzt. Da kann ich gar nicht anders, als mit Dauerlächeln auf dem Pferd zu sitzen. Ich vermute, dass meine locker hängenden Füße und die entspannte Beinmuskulatur zu diesem Erlebnis beitragen. Den Rest des Weges bin ich zu Fuß gegangen. Gott, war das herrlich, durch den weichen Matsch zu gehen, das Moos unter den Füßen zu spüren. Ich konnte sie förmlich aufatmen hören. Wunderbar zu spüren, wie sich die Muskeln entspannen, der Fuß wieder ganz weit wird.

Es sind so viele Kleinigkeiten, mit denen wir unser Leben schöner machen können.

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