Mittwoch, 24. Februar 2016

Barfußgehen ist nicht gleich Barfußgehen - Häh? Was soll das denn?

Ich bin immer viel Barfuß gelaufen. Ich liebe es, mit nackten Füßen die Erde, das Gras, die kleinen Zweige zwischen dem letztjährigen Laub zu spüren. Aber nie wäre ich auf die Idee gekommen, dass mein Barfußgang schlecht für meinen Körper ist. Keine Arzt oder Orthopäde, kein Krankengymnast oder Osteopath, der mir je das Barfußgehen empfohlen hat, gab mir einen Hinweis auf die richtige Technik.

In meinem Blog und verschiedenen Posts habe ich in den letzten Tagen diverse Wortmeldung erhalten in dem Tenor: "Selbstverständlich laufe viel barfuß, besonders häufig natürlich im Sommer und am Strand." Diese Leute bitte ich mal, genau jetzt die Schuhe auszuziehen und loszumarschieren. Vermutlich hört man jetzt ein deutliches Bummern bei jedem Schritt. Wenn meine Kinder früher barfuß durch die Wohnung getobt sind, hat sich auch so angehört. Dann habe ich immer gesagt: "Zieht bitte Hausschuhe an, ihr seid barfuß zu laut." Wenn du das Bummern gehört hast, dann fühle doch jetzt mal, welchen Teil des Fußes du zuerst aufsetzt. Es ist die Ferse, oder? ;-) Die Ferse macht den Krach - nicht, weil sie uns ärgern will: Sie kann nicht anders. Denn sie besteht aus einem Knochen, der ungebremst in unsere Stille kracht. Der Vorderfuß ist ähnlich aufgebaut wie Finger und Mittelhand. Da die Knochen mit Muskeln und Sehnen verbunden sind, kann er flexibel aufsetzen. Jetzt versuche mal, mit dem Ballen aufzutreten. Leiser? Kein Schmerz mehr in der Ferse? Super! :-)

Ich startete dieses Experiment mit dem Wissen, dass es einen Ballengang gibt. Wie der genau aussieht, war mir zu dem Zeitpunkt nicht bekannt. War mir auch egal, da ich bei diesem Experiment die Geheimnisse des Barfußgehens erforschen will. Ich habe also versucht, zuerst auf dem Ballen aufzukommen. Das fühlte sich merkwürdig an. Ich kam wie vor wie ein Storch, der durch die Wiesen stelzt. Aber so ist es oft mit ungewohnten Bewegungen. Das geht solange, bis sie uns zur Gewohnheit werden. Also habe ich aufgehört an den Ballengang zu denken. Wenn ich schmerzhaft mit der Ferse aufstieß war schließlich klar: Das war kein Ballengang! ;-) Also halte dich nicht mit Technik auf, sondern fühle. Dein Körper hat schließlich genau so gelernt zu gehen. Das Wissen ist noch in dir.

Gestern Abend wollte ich aber doch mal wissen, was die Welt so zum Ballengang mitzuteilen hat und habe Youtube durchforstet. Interessent war ein Online Seminar mit Wim Luipers zur "Heilkraft des Gehens". Darin wurde wunderbar erklärt, wie unser Körper in der Bewegung funktioniert. Es werden auch einige Übungen zum Lockern des Körpers gezeigt.

Dass wir Erwachsenen so viel von der Natürlichkeit unserer Kindheit verloren haben, ist schon erschreckend. Gestern habe ich meinen 5-Jährigen Enkelsohn zum Schwimmunterricht begleitet, und die Kinder bummerten barfuß durch die Halle. Sogar in dem Alter haben sie den Ballengang schon verlernt. Zu Hause und im Kindergarten tragen sie Hausschuhe, die meist eine ziemlich starre Sohle haben. Die Schuhe und Stiefel gerade der ganz Kleinen, gehen oft bis über die Knöchel und haben Fußbetten. So können die Kinder ihre Muskeln in den Füßen nicht trainieren. Wir Eltern tragen die Verantwortung für die Haltungsschäden unserer Kleinen. Hier ist Umdenken angesagt!

Das Wetter ist leider immer noch nicht so, dass ich draußen barfuß laufen könnte. Da ich auch bald wieder ins Büro muss, brauche ich eine Lösung. Der Prototyp für meine neuen Barfußschuhe ist fertig. Das hat Stunden gedauert, die zu entwickeln. Am Ende setzte ich meine ursprüngliche Lösung durch, die ich wegen "zu einfach, das kann nicht funktionieren" gar nicht erst umgesetzt hatte. So ist das manchmal. Ich muss mehr auf meine Intuition hören. Sie ist ja offensichtlich laut genug, dass ich sie hören kann.

1 Kommentar:

  1. Ein sehr schöner Beitrag. Viele Menschen verstehen das eigentliche Problem nicht. Natürlich ist nur der Ballengang. Schon Ötzi ist in flexiblen Fellschuhen über die Alpen gewandert ... und bestimmt nicht über die Ferse. Feste Schuhe und Absätze zwingen zum Fersengang. Und wenn man ein paar Jahre über die Ferse in Schuhen gegangen ist, geht man auch barfuß über die Ferse. Sieht man oft im Sommer. Ist wie mit dem Rauchen. Eine schlehte Angewohnheit eben.
    Natürlich kann man damit leben und wie 99% im Fersengang gehen (und den zuhörigen Problemen wie Senkfuß, Spreizfuß, Knickfuß, Fersensporn, Knieproblemen, Beckenproblemen, Rückenproblemen, Schweißfüßen, schlechte Fußdurchblutung, ...) oder man steigt auf den Ballengang um.
    Damit erklärt sich dann auch welche Schuhe du aus deiner Auswahl behalten darfst wenn du mal nicht barfuß unterwegs bist. Nämlich nur die, die dem Barfußgehen nahe kommen. Nullabsatz, extrem flexible Sohle (aufrollbar in alle Richtungen) und viel Platz für die Zehen. Nur Barfußschuhe sind hierfür geignet. Kannst mal nach SoleRunner, Vivobarefoot, Vibram, Leguano oder Senmotic suchen. Ach ja Nike Free hat mit Barfußschuhen rein gar nichts zu tun. Das sind auch nur Fußgefängnisse wie die übrigen Schuhe aus normalen Schuhläden.
    Abschließend möchte ich vor barfuß gehen und Barfußschuhen dringend warnen. Wer barfuß oder in Barfußschuhen weiter im Fersengang geht, kann sogar weit mehr Probleme bekommen als vorher. Aber auch der Umstieg auf den Ballengang sollte man langsam angehen. Muskelkater sogar über Wochen ist keine Seltenheit.

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